Autorin: Dr. Joëlle Flück, Expertin für Sporternährung und Präsidentin der Swiss Sports Nutrition Society
Im Laufsport hat die Sporternährung bzw. die Ernährung im Alltag eine wichtige Bedeutung. Die meisten Läufer*innen waren wohl bereits davon betroffen: Energielosigkeit, der Hammermann im Marathon oder Magen-Darm-Probleme während der Belastung. All diese Umstände können allenfalls auf verschiedene ernährungsbezogene Faktoren zurückzuführen sein.
Generell lässt sich eines festhalten: der Ernährungsalltag im Laufsport sollte abwechslungsreich und gesund sein. Zusätzlich soll auf eine regelmässige und genügende Proteinzufuhr geachtet werden. Denn auch Ausdauersportler*innen benötigen bei einem sehr hohen Trainingspensum deutlich mehr Proteine, (ca. 1.5 g pro kg Körpermasse pro Tag) verglichen mit Nicht-Sportlern (0.8 g pro kg Körpermasse pro Tag). Wie viel Kohlenhydrate man dabei pro Tag benötigt, ist schlussendlich abhängig vom täglichen Trainingspensum. Bei einem hohen Trainingspensum (z.B. 2h Longrun) sollten an diesem Tag auch mehr Kohlenhydrate konsumiert werden als an einem Ruhetag. In der Praxis sieht man häufig das Gegenteil: an den intensiven Trainingstagen (z.B. in Trainingslagern) wird nicht genügend Energie bzw. Kohlenhydrate zugeführt und dafür dann am Ruhetag überkompensiert. Die Energie sollte grundsätzlich auch dann zugeführt werden, wenn der Körper diese benötigt: vor, während und zeitnahe nach dem Training! Bezüglich der Fettzufuhr sollte man generell auf gesunde Fettquellen achten (z.B. Fisch, Mandeln, Baumnüsse, Leinsamen, etc.) und auf unnötige, fettreiche Speisen (z.B. Frittiertes) verzichten. Je intensiver das anstehende Training oder gar ein Wettkampf, desto wichtiger wird der Verzicht auf fettreiche Speisen, damit der Verdauungstrakt nicht unnötig beansprucht wird. Auch die Nahrungsfasern (v.a. in pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Früchten & Gemüse) sollten zu diesem Zeitpunkt (z.B. letzte Mahlzeit vor dem Wettkampf) reduziert werden, damit nichts Unverdaubares im Darm liegen bleibt.
Nebst der reinen „Energiezufuhr“ spielt auch der Flüssigkeitshaushalt eine wichtige Rolle. Ungefähr 2 Liter pro Tag sollte man an Tagen ohne Sport trinken. Kommt zusätzlich ein Training hinzu, so muss man zu diesen zwei Litern noch mehr Flüssigkeit dazu rechnen. Während dem Sport sind es bei längeren Läufen ab 60 min Dauer ungefähr 4 bis 8 dl Flüssigkeit pro Stunde, je nachdem, wie viel man schwitzt bzw. wie heiss oder feucht die Umgebung ist. Die Schweissrate – also die Schweissmenge, die ich pro Stunde schwitze – kann individuell variieren. Im Idealfall wird der Schweissverlust in einem Training erfasst, damit die erforderliche Trinkmenge besser abgeschätzt werden kann (Trinkmengenrechner – Swiss Sports Nutrition Society (ssns.ch)). Wiege ich zusätzlich nach dem Training weniger als direkt vor dem Training, so kann davon ausgegangen werden, dass weniger Flüssigkeit zugeführt wurde, als Schweiss verloren ging. Das heisst: nach dem, wie viele Kilogramm man weniger wiegt, desto grösser ist das entstandene Flüssigkeitsdefizit. Um dieses Defizit wieder auszugleichen und den Körper wieder in einen optimalen Flüssigkeitszustand zu bringen, kann man die Anzahl Kilogramm, die man nach dem Training weniger wiegt, mal 1.5 rechnen. Dies ergibt die benötigte Flüssigkeitsmenge. Bei einem Gewichtsverlust von 1 kg resultiert somit eine benötigte Menge Flüssigkeit von 1.5 Litern zur optimalen Wiederauffüllung der Flüssigkeit im Körper (Rehydratation genannt).
Bei längeren Läufen wird nebst der Flüssigkeitszufuhr auch die Kohlenhydratzufuhr immer wichtiger. Durch eine externe Zufuhr können zum einen die Kohlenhydratspeicher in der Muskulatur geschont werden (z.B. während einem Marathon oder in einer intensiven Trainingsphase) und zum anderen kann so der Körper auf Kohlenhydrate als Energiequelle zurückgreifen. Es gilt dabei festzuhalten, dass die Energie, die pro Minute aus Kohlenhydraten gewonnen werden kann, höher ist, als die Energie, die aus Fetten gewonnen wird. Einfach ausgedrückt: wer schnell und intensiv laufen möchte bzw. möglichst lange ein schnelles Tempo aufrechterhalten will, befindet sich optimalerweise im Kohlenhydratstoffwechsel. Der Fettstoffwechsel ist bei extremen Ausdauerleistungen entscheidend ( z.B. im Race Across America) oder wenn keine Kohlenhydrate über Nahrungsmittel oder Supplemente mehr zugeführt oder aufgenommen werden können. Bei entsprechendem Training und Angewöhnung können bei langen Läufen bis zu 60 bis 90 g Kohlenhydrate pro Stunde aufgenommen werden. Aber wie gesagt, der Magen-Darm-Trakt muss auf diese Mengen trainiert werden, ansonsten resultieren daraus Verdauungsprobleme. Die Wichtigkeit der Kohlenhydrate zeigt sich auch beim Thema Carboloading, also beim Überfüllen der Kohlenhydratspeicher in den letzten Tagen vor dem Marathon. Dort werden in den letzten Tagen vor dem Wettkampf pro Tag rund 10 bis 12 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht über den ganzen Tag in fester oder flüssiger Form eingenommen. Somit werden die Speicher in der Muskulatur und Leber nicht nur aufgefüllt, sondern überfüllt, und der Körper kann während des Laufs länger von diesen Kohlenhydratspeichern profitieren.
Wer sich an diese Grundätze hält, die Verpflegung während des Laufes trainiert, sich aber auch im Alltag gesund und ausgewogen ernährt sowie die Kohlenhydratzufuhr der Belastungsintensität sowie dem Trainingsvolumen anpasst, der macht schon Vieles richtig. Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel) werden dann nur in geringem Masse benötigt. Man geht beispielsweise davon aus, dass bei einer genügenden Zufuhr an Früchten und Gemüse keine zusätzlichen Vitaminpräparate angewendet werden müssen, ausser wenn Mangelerscheinungen auftreten. Gels, Sportgetränke und Riegel sind jedoch gute Ergänzungen, vor allem dann, wenn es darum geht, die Wettkampfverpflegung zu trainieren. Koffein als Supplement kann im Ausdauersport auch interessant sein. Dort gilt es jedoch zu schauen, wann, in welcher Dosierung und zu welchem Zweck das Koffein im Sinne einer möglichen Leistungsoptimierung eingesetzt werden soll. Da lohnt sich sicherlich auch der Austausch mit einer Fachperson in Sporternährung.
Fazit
Sporternährung spielt im Ausdauersport bzw. explizit im Laufsport eine wichtige Rolle. Dabei geht es vorwiegend darum, den Körper mit der benötigten Energie aber auch in der richtigen Form sowie Menge zu beliefern. Auch die Vermeidung von Magen-Darm-Problemen kann schon extrem viel dazu beitragen, das Wohlbefinden während des Trainings sowie die Leistung im Wettkampf selbst zu optimieren. Dabei kann es hilfreich sein, die Verpflegungsstrategien (Trinkmenge sowie Kohlenhydratzufuhr) während der Trainings zu testen und den Magen-Darm-Trakt zu trainieren. Supplemente hingegen sollten mit Bedacht und mit einem klaren Ziel eingesetzt werden.